08 Dezember 2006

Langeweile

Die einen laufen in Cannes, gewinnen da den Preis für den besten Hund im Film, kommen dann ins Kino und kein Mensch geht hin. Die anderen laufen in Ludwigshafen, gewinnen da den Publikumspreis, laufen dann nachts im dritten Programm und kein Mensch guckt zu.

Keine Ahnung, was genau da wo schiefläuft. Ich will aber auch gar nicht gegen einzelne Filme polemisieren, sondern stattdessen endlich mal lautstarken Protest einlegen gegen die gähnende Langweile, die sich im deutschen Film breitgemacht hat, die alles auf ihrer Seite zu haben scheint - Förderer, Sender, Festivals, Verleiher, Kritiker. Alles außer dem Publikum. Das sorgt regelmäßig für sensationell desolate Besucherzahlen, wie ich kürzlich im Gespräch mit einem Verleihchef mal wieder aus erster Hand erfahren durfte, der sich über die Einspielergebnisse eines jungen deutschen Kammerspiels bitter beklagte.

Ich hätte ihm am liebsten nur erwidert:
Ach, das überrascht Sie jetzt?
Hatten Sie denn ernsthaft mit etwas anderem gerechnet?

Das deutsche Kunstkino langweilt sich zu Tode. In gestelzten Bildern werden die immergleichen Litaneien von Emotionslosigkeit, Sprachlosigkeit und Lustlosigkeit heruntergebetet. Alles, was den Zuschauer irgendwie sinnlich berühren könnte, wird weggelassen, jede Empfindung ist lahmgelegt, alles, was auch nur entfernt an Humor, Doppelbödigkeit, Ironie erinnern könnte, ist Millionen Meilen weit weg, Musik ist ohnehin verboten und die Akteure sind meistens von hinten zu sehen. Ein Strom von gleichförmigen Filmen rollt auf die Festivals, gewinnt Jurypreise, kommt dann in die Kinos und ist wegen komplett ausbleibender Zuschauer auch gleich wieder weg. Egal, die Fachwelt klopft sich auf die Schultern, kocht im eigenen Saft und findet sich selber gut - wegen einer Reihe greisenhaft verknöcherter, lustfeindlicher Filme, die am Ende keiner sehen will.

Es reicht. Ich will nicht mehr. Und ich bin nicht der einzige, dem es so geht.

Und weil so etwas gerne falsch verstanden wird, muß ich sicherheitshalber dazusagen: Wenn ich keine Lust auf langweilige Filme habe, dann heißt das nicht, daß ich stattdessen Bernd-Eichinger-Müll will.
Ich will Kino.
Das kann tausenderlei Formen annehmen. Das kann alles mögliche sein. Verklemmte Mittelstandskinder, die ihre Kommunikationsstörungen auf den Rest der Welt projizieren und von anderen verklemmten Mittelstandskindern im Feuilleton dafür gelobt werden, muß es möglicherweise auch geben, aber wenn sie sich zur vorherrschenden Bewegung aufschwingen und sich im Publikum dauerhaft kein Mensch dafür interessiert, dann stimmt was grundlegendes nicht.

Schade, denn Kino kann so schön sein und so spannend, und das Auseinanderklaffen von doofer Unterhaltung und esoterischer Minderheitenkunst läuft dem Medium eigentlich zuwider.

Auch wenn ich eigentlich glaube, daß Qualität von Köpfen kommt, nicht aus Konzepten, und nicht als Teil eines Gruppenstils wahrgenommen werden will, so muß wahrscheinlich trotzdem eine neue Schule kommen, einfach um den Hype zu beenden. Hier in Berlin bildet sich momentan eine kleine Gruppe von jungen Filmemachern, die allesamt keinen Bock mehr auf Langweile, Sprachlosigkeit und emotionale Erkältung haben. Wir versuchen, mehr daraus zu machen.

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