Ich bin in den Schweizer Bergen. Ich komme von einer längeren Wanderung zurück. Mein Großvater mütterlicherseits ist bei mir. Wir beide stehen alleine irgendwo. Auf einmal überkommt mich eine große Emotion. Ich falle ihm um den Hals und sage: Opa! Du bist der letzte von meinen Großeltern, der noch lebt! Wir müssen uns unterhalten, bevor es eines Tages zu spät ist! Ich möchte gern so viel von dir erfahren! Ich will wissen, was du erlebt hast. Wie dein Leben war. Was du weißt. Über Frauen. Über alles. Mein Großvater fühlt sich lebendig an, weich, wie ein echter Mensch. Ich umarme ihn lang. Ich habe ihn ewig nicht gesehen. Ihm ist meine anhaltende Umarmung etwas peinlich, mir irgendwann auch, aber auf meinen Vorschlag, gemeinsam ein Bier zu trinken und sich über das Leben zu unterhalten, geht er ein. Dann zerfasert der Traum ein wenig, wie Träume halt so zerfasern. Mein Großvater muß sich irgendwie noch was anderes anziehen, ich spiele ein bißchen auf einem Klavier, das da in der Gegend herumsteht, dann taucht meine restliche Familie auf, und alles dauert nochmal länger. Irgendwann ist auch mein Großvater wieder da, und jemand erklärt uns noch, wie man am besten ins nächste Dorf kommt, wo man sich in ein Lokal setzen könnte. Das Dorf hat einen seltsam komplizierten rätoromanischen Namen, er klingt so ähnlich wie Ferchtzschenz oder so. Wir wollen losziehen. Und da wache ich auf. Es dauert noch einen Moment, dann wird mir klar, daß mein Großvater mütterlicherseits gestorben ist, als ich 11 war. Ich habe nie ein Bier mit ihm getrunken. Ich wüßte gern, was er mir erzählt hätte, wenn er länger gelebt oder ich nicht vorzeitig aufgewacht wäre.
2 Kommentare:
Oh wie traurig, schade dass das nur ein Traum war. Aber immerhin lebt er in deiner Phantasie weiter.
Desweiteren bewundere ich deinen Mut solche Intime Dinge mit deiner Leserschaft zu teilen.
lg Alex
Hm. Alle seine Kinder hätten gern mehr von ihm erfahren, aber wir haben nie richtig miteinander geredet.
Kommentar veröffentlichen