06 Januar 2007

Von Finn verfolgt

Wir saßen beim Frühstück und sprachen über Kinder und Namen.
Prominente, die ihre Kinder Apfel oder Nebukadnezar Ariel Gurnemanz nennen, sind ja eine leichte Zielscheibe, doch auch im eigenen Umfeld lassen sich interessante Dinge feststellen. Leon und Amelie sind zum Beispiel out. Man gibt seinen Kindern jetzt wieder wilhelminische Kapitänsnamen. Junge Eltern nennen ihre Söhne Karl oder Hans oder Heinrich (nicht wie Himmler, sondern wie Heine) oder Josef (nicht wie Goebbels, sondern wie Stalin). Mädchen heißen Marie oder Lotte und sowieso eigentlich immer Paula.
Dann aber sagte eine Freundin, die mit uns da saß:
Der neueste Modename lautet ja Finn.
Ich erwiderte daraufhin in leichtsiniger Ahnungslosigkeit:
Finn? Nie gehört. Wohl kennt man den Finnwal, vielleicht auch "Finnegan´s Wake" oder gar die Finne des Bandwurms, eine garstiges Parasitentier, jedoch Finn als Vornamen, nö.
Doch! gaben daraufhin andere Anwesende zu bedenken, Finn ist klar im Kommen.
Daß Finn in der Tat im Kommen ist, wurde mir ein paar Tage später klar, als er mir zum ersten Mal in der Zeitung begegnete.
Kurz danach kaufte ich ein Buch, und vorne drin stand:
Für Finn.
Inhalt des Buchs war übrigens eine lustige Sammlung von gedankenlosen, aber zu oft gebrauchten Phrasen.
Wieder einige Tage später erfuhr ich, daß eine sympathische Person, die ich sehr schätze, ihren Kind nicht nur gesund zur Welt gebracht, sondern ihm sogleich den Namen Finn verliehen hatte.
Und spätestens da war klar: Finn kommt näher. Bald wird er mich erwischen.
Am nächsten Morgen gab mein Mitbewohner bekannt, er habe seinen Vornamen geändert und wolle ab sofort bitteschön mit Finn angesprochen werden. Auf seinen bisherigen Namen werde er nicht mehr reagieren. Na gut, das habe ich mir jetzt ausgedacht, aber es wäre eigentlich konsequent gewesen. Seitdem rechne ich eigentlich jeden Tag damit, morgens aufzuwachen und festzustellen, daß ich selber Finn heiße. In dem Fall würde ich aber meine Eltern anrufen und zur Rede stellen. Und dann würden sie sagen: Tut uns leid, Junge, das war damals Mode, und irgendwie konnten wir uns gar nicht vorstellen, daß sich das mal ändern würde.
Eigentlich bin ich meinen Eltern aber ganz dankbar, denn mein Vorname war schon bei meiner Geburt völlig aus der Mode, eigentlich aber sowieso nie in Mode, was dazu führte, daß Menschen, die mich zuvor nur per Schriftverkehr kannten, mir gesagt haben:
–Ich hatte gedacht, du wärst fünfzig und hättest einen Schnauzbart.
Vielleicht lag das aber auch weniger am Vornamen, sondern eher am Schreibstil.
Wenn ich also selber mal ein Kind haben sollte, dann wird es Karl-Heinz heißen. Vielleicht auch nur Heinz, wenn es ein Mädchen wird.

3 Kommentare:

Anonym hat gesagt…

Na, die Herkunft von Finn ist doch klar: Huckleberry! Trotzdem find ich diese neuen Namen Käse, mit Kevin hat das angefangen, dann kam Celine, passend zum Titanic-Song (oder auch Jack, kein Scheiß), nun werden besondere Namen auch noch besonders geschrieben (also Yasemin statt Jasmin) und neuerdings gibt es doch tatsächlich den Adolf wieder. Natürlich in Erinnerung an irgendeinen Opa, nicht an den Führer, und den auch nur versteckt als zweiten oder dritten Namen. Zum Glück jedoch nicht in meiner Bekanntschaft. Dann hätte ich ein paar Wörtchen zu sagen.

Anonym hat gesagt…

Patrick Zimmer nennt sich auch Finn und macht unter dem Namen sogar ganz nette Musik.
Apropos Musik; ich bin Ende letzten Jahres unbewusst auf _die_ andere Band namens Mono gestossen.

Beste Grüße.

Anonym hat gesagt…

Dude, I can't believe you haven't heard of FIONN MAC CUMHAILL (Finn Mac Cool, the legendary Irish superhero-type person), especially as he's mentioned in a book I borrowed from you, by Flann O'Brien. And he also featured in that weird Cremaster Film by Matthew Barney.

- Catriona NicDhaibigh

 
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