31 Juli 2007

Namen und Nachrichten

Zwei Links: "Nachrichten in drei Zeilen" - hier gibt es jeden Tag kurzgefaßte Absurditäten aus aller Welt. Meine Lieblingsnachricht war das Paar, das splitternackt und mausetot auf einer Straße in Amerika gefunden wurde, während beider Kleider auf dem Dach des danebenstehenden Hauses lagen.

Was völlig anderes: "Geogen" - da kann man sich anzeigen lassen, wo und wie häufig der eigene oder sonst irgendein Familienname in Deutschland vorkommt. Sehr spaßig ist es auch, herauszufinden, was für seltsame Wörter als Familienname herhalten müssen. In Hessen ist beispielsweise der Name "Schweinebraten" recht verbreitet. Irgendwo in Deutschland scheint es auch einen einsamen Menschen geben, der mit Nachnamen "Hintern" heißt. Aber nur einen einzigen.

30 Juli 2007

Sah ein Knab ein Stöcklein stehen

Jemand hat mir ein Stöckchen zugeworfen.
Wenn man das zum ersten Mal hört, denkt man natürlich:
Sehe ich aus wie ein Hund? Soll ich das jetzt zurückbringen, oder wie?

Aber nein, es ist anscheinend ein Spiel unter Blogschreibern, man beantwortet irgendwelche Fragen und bringt sie dann nicht etwa wie ein Hund schwanzwedelnd zurück, sondern reicht sie dem nächsten weiter. Also, meinetwegen, acht zufällige Tatsachen über mich.

-Als ich ein Kind war, hatten wir einen Hund, der hat auch immer gern Stöckchen apportiert, hat sie dann aber nicht freiwillig hergegeben. Das machen ja die meisten Hunde - sie bringen einem den Ball, rücken ihn dann aber nicht raus. Warum eigentlich? Was denken sie sich dabei?

- Wir hatten damals noch einen zweiten Hund. Das war ein deutscher Schäferhund, den übernahmen wir von einer Familie, die umständehalber nach Singapur gingen und ihn nicht mitnehmen konnten. Die Familie hieß tatsächlich Führer, und weil das ganze in Afrika stattfand, hatten sie dem Hund konsequenterweise den Namen "Rommel" gegeben. Wir hatten also in den 80er Jahren in Johannesburg einen Schäferhund, der auf den Namen "Rommel" hörte oder auch nicht.

-Der eingangs erwähnte Hund war ein Boxer. Da man damals Boxern noch den Schwanz "kupierte", also abschnitt, wedelte er mangels Schwanz immer mit dem ganzen Hinterteil. Außerdem wollte er bzw sie immer den Lichtfleck einer Taschenlampe fangen, was aber nie gelang.

-Wir hatten auch Katzen, die sich mit den Hunden immer ganz gut verstanden. Manchmal haben die Katzen sich fortgepflanzt, aus irgendwelchen Gründen stand der Katzenkorb dann immer bei mir im Zimmer, und so hatte ich dann öfters mal für sechs Wochen das ganz große Unterhaltungsprogramm bei mir.

-Viele Leute mögen entweder Hunde oder Katzen. Die Katzenliebhaber identifizieren sich mit der stolzen, freiheitsliebenden, unabhängigen Katze und verachten den unterwürfig-familienduseligen Hund - dem Hundeliebhaber gilt die Katze als falsch, das ist ihm suspekt, er schätzt seinen treuen Gefährten und seine menschenähnliche Mimik. Ich mag Hunde und Katzen gleichermaßen, ich will im Moment keins von beiden, aber mir sind Leute suspekt, die Hunde oder Katzen mit solchen menschlichen Eigenschaften besetzen und ihnen dann entsprechende Gefühle entgegenbringen. Davon abgesehen hätte ich gern ein Aquarium mit einem kleinen Wal drin (sehr klein, etwa so groß wie mein Zeigefinger).

-Ich hätte auch gern ein Terrarium mit so´ner Stachelechse, der würde ich dann gern eine Modellstadt bauen, damit sie da rumlaufen kann wie Godzilla.

-Da das aber auch vermenschlichend wäre, beschränke ich mich auf das Sammeln von Plastikmonstern. Unten ein Beispiel.

-Dieses Foto stammt übrigens, wie alle Bilder hier, aus einem handelsüblichen Fotohandy, dessen Qualitäten ich bei jeder Gelegenheit lobe und preise. Ähnlich wie bei Hunden und Katzen geht es mir bei neuer Technik - ich finde die beleidigte Totalverweigerung genauso doof wie das hektische hinter-jeder-Neuerung-Herhetzen. Wer sagt: Mein Handy muß telefonieren können und sonst nix, basta, der könnte genausogut sagen: Die wichtigen Nummern hab ich im Kopf, ich brauch keinen Speicher oder Wozu überhaupt Telefon, die wichtigen Gespräche führt man sowieso von Angesicht zu Angesicht oder Was brauch ich ein Auto, ich habe doch eine Kutsche oder so. Mehr hochwertige Handyfotos findet man übrigens hier.

Keine Ahnung, ob das jetzt Tatsachen waren und ob sie zufällig waren. Das Stöckchen geht weiter an Kristin.





23 Juli 2007

Die Stulle nach dem Schiß

Volker Schlöndorff hat öffentlich über teure Großproduktionen geschimpft, die dann auch noch als TV-Mehrteiler auf die interessierte Menschheit losgelassen werden, daraufhin hat die Constantin, also Bernd Eichinger, Schlöndorff von seinem Posten als Regisseur der teuren Großproduktion "Die Päpstin" hinausgeworfen in die Finsternis, wo Heulen und Zähneklappern herrschen. Das ist natürlich ziemlich bitter, wenn man einen Film seit Jahren mit großem persönlichen Einsatz vorbereitet. Andererseits beißt man halt nicht in die Hand, die einen füttert, zumal nicht, wenn die Hand an einem Arm hängt, an dessen anderem Ende sich Bernd Eichinger befindet. Das hätte Volker Schlöndorff ahnen können, dennoch empfinde ich im Moment so viel Sympathie für ihn wie schätzungsweise seit der "Blechtrommel" nicht mehr.

Da er es aber hätte ahnen können, hätte er auch gleich noch viel entschlossener reinhauen können. So richtig Respekt hätte ich gehabt, wenn er in der SZ ganz offenherzig verkündet hätte: Ich finde es unerträglich, daß einige Leute hierzulande obszöne Summen von der staatlichen Filmförderung einstreichen und damit restlos beschissene Filme drehen, die nur deswegen ein Millionenpublikum finden, weil die zugrundeliegenden Bücher mal Bestseller waren, und weil das Millionenpublikum leider gar nicht weiß, daß man sogar die gruseligsten Bestseller der letzten 20 Jahre auch anders, also besser, verfilmen könnte, wenn man denn könnte. Mich selber nehme ich da nicht aus, die "Päpstin" ist ein schlimmer Schinken, den ich aber übrigens mit Hilfe von Herrn Eichinger in einen ebensolchen zu verwandeln gedenke.

So was in der Art hätte er sagen können. Das wäre groß gewesen. Da hätte sich der Rauswurf wenigstens gelohnt.

Also, meine Sympathien sind durchaus klar verteilt, aber eigentlich nicht so wirklich vorhanden.
Sollen sie doch ihre Bestseller verfilmen und Mehrteiler draus verwursten, bis es ihnen zu den Ohren herauskommt, ich lerne daraus allenfalls, daß wer sich mit gewissen Firmen einläßt, daran keine Freude haben wird, das hätte man aber auch so schon wissen können, daher freue mich in aller Unschuld auf meinen nächsten Film, der zu einem Budget entstehen wird, das an einem Bernd-Eichinger-Volker-Schlöndorff-Set vermutlich gerade für drei Tage Catering reichen würde, vertreibe mir so lange die Zeit mit pubertären Wortspielen aus Volker-Schlöndorff-Titeln und bitte dafür schon jetzt ausdrücklich um Verzeihung.

20 Juli 2007

Ich erinnere mich

Endlich habe ich mal Vincents Diplomarbeit gelesen. Die handelt von "Montage und Erinnerung". Das klingt akademisch, liest sich aber rasant und interessant. Dabei fiel mir aber ganz nebenbei zum wiederholten Mal auf, daß das Wort "erinnern" offenbar inzwischen nicht mehr nur reflexiv gebraucht wird, sondern als ganz gewöhnliches, transitives Verb.

Also nicht mehr zwangsläufig: Ich erinnere mich an den gestrigen Abend - sondern genausogut: Ich erinnere den gestrigen Abend. Ich kann mich nicht bzw. ich kann nicht erinnern, daß das früher Bestandteil unserer Sprache war. Mir erscheint es falsch, es klingt für mich wie ein Anglizismus, es scheint sich aber allgemein durchgesetzt zu haben.

Der Deutsche, hieß es immer, erinnert sich, das ist reflexiv, er grübelt, er gräbt tief in seinem Innern und er-innert sich an was Inneres, also in ihm drin. Da muß er hingehen, um sich zu erinnern, dann ist er in sich und quasi zweimal vorhanden. Nicht ganz logisch, aber sehr innerlich. Der Engländer hingegen schreitet hellsichtigen Auges in die Welt hinaus, packt die Dinge beim Schopf und kommandiert sie nach Belieben wieder ins Gedächtnis: I remember.

So war das, wenn ich mich richtig erinnere. Jetzt aber wird der Deutsche international, verläßt seine Innerlichkeit und erinnert nicht mehr sich selber an etwas, was ja wie eine sanfte Annäherung klingt - nein, er erinnert etwas. Ich erinnere mich daran, daß ist ja auch eine etwas umständliche Wendung, eine Art grammatikalische Dampfmaschine aus dem 19. Jahrhundert, da ist die neue Variante in der Tat einfacher.

Es kommt aber noch was dazu. Man kann ja nicht nur sich selber erinnern, sondern auch andere. "Remind" sagt der Engländer dazu, wir haben für diese an sich unterschiedlichen Vorgänge nur ein Wort. Du erinnerst mich an Heinz bedeutet, daß du Heinz irgendwie ähnelst - Erinner mich an Heinz aber bedeutet, daß du mich bitte darauf hinweisen sollst, daß ich Heinz nicht vergesse. Ich erinnere dich hat also im neuen Sprachgebrauch zwei mögliche Bedeutungen: Ich habe dich noch im Gedächtnis und ich weise dich auf etwas hin.

Das gab es früher nicht, zumindest kann ich es nicht erinnern. Vielleicht habe ich mich dessen auch nur entäußert. Das ist auch so ein schönes Wort und eine schön umständliche Konstruktion, die ich hiermit gern als Ausdruck für "absichtliches Vergessen" ins Gespräch bringen würde.



09 Juli 2007

Meine Armut kotzt mich an

Der Bundesverband Regie, in dem ich nicht Mitglied bin, schickt mir gelegentlich Mails, in denen bejammert wird, wie wenig man als Filmregisseur in Deutschland verdient, wie miserabel die Arbeitsbedingungen sind und daß alles überhaupt ganz schrecklich ist. Vor ein paar Tagen kam wieder eine, da ging es um den Regisseur Marco Kreuzpaintner, über dessen Werk ich nichts sagen kann, weil ich von ihm nur einen Kurzfilm gesehen habe, über den ich nichts sagen will, der verläßt jedenfalls auch Deutschland und geht nach Los Angeles, weil da die Bezahlung besser ist, und das, sagt der Regieverband, ist schlimm, denn damit verläßt uns mal wieder ein Talent.

Interessanter als all das erscheint mir, was Marco Kreuzpaintner zu Preisverleihungen sagt. Er ist nämlich dagegen, wie man
da lesen kann:

«Es ist absurd, dass Filmemacher untereinander im Wettbewerb stehen.» Beim Bernhard-Wicki-Filmpreis, den Kreuzpaintner am Donnerstagabend verliehen bekam, liegt die Sache für ihn etwas anders. Schließlich sei es ein «Friedenspreis», sagte er. Außerdem ist die Auszeichnung mit 10 000 Euro dotiert, und «meine Armut zwingt mich leider, den Preis anzunehmen», gestand Kreuzpaintner.

Und dieser letzte Satz hat mich dann doch ziemlich tief getroffen. Verdammt hartes Los, daß Marco Kreuzpaintner, einer der Besten, die wir haben, daß sogar der vor bitterer Armut gezwungen ist, gegen seinen Willen Preisgelder anzunehmen. Da läuft echt was schief in Deutschland. Mir geht es aber leider ähnlich - auch ich bin so arm, daß ich immer noch Preisgelder annehmen muß, obwohl mir das schrecklich gegen den Strich geht. Aber glücklicherweise sind die Preise, die ich so bekomme, meistens Friedenspreise. Um die steht man ja bekanntlich nicht im Wettbewerb, und verdient habe ich sie als friedlicher Mensch sowieso.

Was mich dann aber doch beschäftigte: Hat Roland Emmerich Marco Kreuzpaintner für die Regiearbeit bei "Trade" nicht anständig bezahlt? Oder hat er das ganze Geld schon für mildtätige Zwecke ausgegeben? Haben Claussen und Wöbke, die man doch als höchst anständige Menschen kennt, Marco Kreuzpaintner für die Regie bei "Krabat" auch nicht anständig bezahlt? Oder hat Kreuzpaintner die kapitalen Drehzeitüberschreitungen, von denen man so erzählt, selber finanziert? Oder hat er am Ende einen stark verschobenen Begriff davon, was Armut ist? Oder wie?

Meine Schwester erzählte kürzlich, ihr sei ein halbwegs bekannter Drehbuchautor begegnet und habe gejammert, wie abgebrannt er sei und wie schlimm es wäre, noch nicht mal mehr Trinkgeld geben zu können. Die schlagfertige Antwort wäre natürlich gewesen: Nein, es ist erst dann schlimm, wenn man kein Trinkgeld mehr bekommt. Aber die schlagfertige Antwort fällt einem ja immer erst hinterher ein, wenn sie nicht mehr schlagfertig ist. Ich frage mich ja sowieso immer, wovon die ganzen Nachwuchsfilmleute und ich selber auch denn eigentlich leben wollen, von ihren Eltern oder wie, letzteres in meinem Fall eher nicht, und bis ich die Antwort gefunden habe, gebe ich nicht mehr Geld aus, als reinkommt, wenn nichts mehr reinkommt, gehe ich arbeiten, und wenn es ganz schlimm kommt, dann muß ich halt widerwillig den einen oder anderen Preis annehmen.



06 Juli 2007

Nur Ton

Was hier seinen Anfang nahm, ist jetzt vollendet: Die erste Ausgabe der Musikzeitschrift "Nur Ton", die wir einfach mal so gegründet haben, ist fertig und wird heute abend feierlich enthüllt. Eine Webseite gibt es auch schon dazu, selbige ist sogar schon per Google problemlos zu finden, keine Ahnung warum, aber erfreulicherweise.
Wer mit uns feiern will, möge sich heute abend ab 20h im "Terry Explosion", Yorckstraße 70, Kreuzberg, Berlin, einfinden, hurra.

02 Juli 2007

Schuld und Bühne

Die folgenden Erzählung stammt von Michael Kocyan. Ich danke für die freundliche Genehmigung. 

"Nacht in Alt-Moabit. Heftiger Streit im "Bierbrunnen", wieder lautstark, und natürlich weiß auch diesmal keiner, worum es geht und wer woran schuld ist. Einer der Kombattanten - vermutlich wirft man ihm vor, er habe vergessen, die Blumen zu gießen - verteidigt sich tobend, mit Bierschaum vorm Mund: "Ja klar, ICH bin schuld, ICH habe den Thronfolger erschossen, ICH habe den ersten Weltkrieg verursacht, ICH habe 9 Millionen Juden ermordet, bitte, hab' ich kein Problem mit, ICH bin schuld, ICH habe auch die Mauer errichtet, und ICH habe sie auch wieder eingerissen, det war ICH ganz alleene, na klar!". Dazu versucht ein altersschwacher, heiserer Dackel zu kläffen. Die Jukebox steuert Schlager der 70er bei. Wir verleihen dem namenlosen Genie hiermit den Schultheiss-Dramatikerpreis. Die übrigen Stammgäste starren ungerührt auf ihre Biergläser. Ein Rätsel, wie sie auf den ungemütlichen Barhockern ihr Gleichgewicht zu halten vermögen."

 
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