15 Januar 2007

Gescheiter scheitern

Hat meine künstlerische Arbeit irgendeinen Wert? Oder produziere ich kompletten Müll? Woher soll ich denn überhaupt wissen, ob es gut ist oder ob es Müll ist? Was mache ich, wenn ich selber meine Sachen toll finde, und der Rest der Welt findet es beschissen? Oder umgekehrt, wie gehe ich damit um, wenn Leute mir sagen: Toll - und ich mir denke: Denkste? Und was mache ich überhaupt, wenn diese Leute herausfinden, daß ich von all dem, was ich da mache, keine Ahnung habe, weil ich doch gerade erst mein Abiturzeugnis bekommen habe, und auch das nur aus Versehen?

Das sind so ganz grundlegende Fragen, die man sich eigentlich ständig stellt. Selten verhandelt man sie öffentlich, aber wenn man es doch tut, dann kann man sich eigentlich einer Welle der Sympathie sicher sein, denn alle sind erleichtert, daß es endlich mal einer ausspricht.

Ich war bei einer unglaublich sympathischen Veranstaltung, nämlich beim Festival des gescheiterten Films. Ein Kurzfilm von mir lief da. Es war sogar die Premiere, weil er vorher noch nie irgendwo gelaufen war. Es liefen Filme übers Scheitern, vor allem aber gescheiterte Filme, die teilweise ausgesprochen lustig waren, und das durchaus nicht unfreiwillig. Ein Buddy-Movie aus dem Schwabenland, in dem sämtliche Frauen immer nur "Quak" sagen. Ein Kurzfilm mit Überlänge und dem hinreißenden Titel "Sitzriesen an Stehimbissen". Eine Dönerbudenballade mit einer geradezu französischen Leichtigkeit, die man in jenen deutschen Filmen, die sich explizit auf die französische Leichtigkeit berufen, immer vergebens sucht.

Es wirkt wahnsinnig befreiend, mal nicht in einem Festivalprogramm zu sitzen, bei dem man sich die ganze Zeit fragen muß, wo denn da die Qualität ist, denn irgendwo muß sie doch sein, es geht ja schließlich um Qualität, aber man findet sie einfach nicht, die Qualität - nein, hier ist es umgekehrt. Dieses Festival verkörpert in sich eine große Weisheit. Es strahlt eine tiefe Gelassenheit aus. Man kann ihm nichts anhaben.

Vor einigen Jahren erlebte ich, wie Wim Wenders vor einem großen Auditorium sagte:
-You can´t live without failure. If you never fail you don´t know who you are anymore.

Er erntete damit spontan den größten Applaus des Abends. Daher, liebe Freunde, laßt uns gemeinsam die Angst vor dem Scheitern ablegen. Es ist normal. Und zu sehen, wie normal es ist, das beflügelt schon wieder.

1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Als ich an der Filmhochschule abgelehnt worden war (zum ersten Mal von drei Malen insgesamt), hab ich mir überlegt, man müßte eine Filmschule aufmachen, deren einzige Zulassungsvoraussetzung im Scheitern bei der Aufnahme zu einer anderen Filmschule besteht.

Was da an Talenten vergrault werden! Motivierte, meist überaus fähige Leute! Nur weil sie dem Dekan nicht gefallen oder zum Parteibuch passen oder sonstwas...

 
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